Mit jedem Tag, an dem neue Zahlen von Corona-Virusinfektionen gemeldet werden, wächst die Sorge vor einer möglichen Ansteckung in der Bevölkerung. Die meisten Menschen verhalten sich sehr verantwortungsvoll, doch noch immer nehmen einige die Erkrankung auf die leichte Schulter. Denn sie fühlen sich jung, gesund und stark und gehen davon aus, dass eine Infektion für sie milde verlaufen und keine gravierenden Folgen haben wird. Doch in einer eng verzahnten Gesellschaft ist dies ein Trugschluss.
In Deutschland leben weit über 40.000 Familien, die ein unheilbar krankes Kind haben. Sie müssen sich täglich mit Sorgen und Ängsten auseinandersetzen, die eine schwere Krankheit mit sich bringt. Diese Familien sind durch die Versorgung des schwerstkranken Kindes in Zeiten des Pflegenotstands bereits in „normalen“ Zeiten extrem gefordert und oft am Limit, körperlich und seelisch. Nun, mitten in der Corona-Krise, ist eine Ansteckung mit dem Corona-Virus für diese Kinder, die aufgrund ihrer Erkrankung ein äußerst schwaches Immunsystem haben, lebensgefährlich.
Pflegepersonal unterstützen
Für Familien mit solchen Hochrisiko-Patienten ist eine Ansteckung eine reale Gefahr, die sie nur schwer vermeiden können. Die meisten erhalten in irgendeiner Form Unterstützung in ihrem Alltag, sei es durch Pfleger, regelmäßige Arztbesuche, durch Haushaltshilfen oder Nachbarn und Freunde. Wenn auch nur eine einzige Person in diesem fragilen Geflecht Kontakt zu einem (unerkannt) mit dem Virus Infizierten hat, kann sich eine Coronavirus-Ansteckung für das ohnehin schon kranke Kind in eine tödliche Gefahr verwandeln. Denn sie kann unentdeckt und symptomfrei dennoch so lange Kontaktpersonen anstecken, bis sie bei dem erkrankten Kind angekommen ist.
Erschwerend zu der Gefahr einer Infektion von gefährdeten Hochrisiko-Patienten bricht das ganze System zusammen, sobald ein Teil darin, eine Pflegerin, ein Elternteil, ein Geschwisterkind, ein Betreuer aufgrund einer Infektion oder Quarantäne ausfällt. Das, was wir alle schon selbst erfahren, dass man keine Arzttermine bekommt, Betreuungsdienste für pflegebedürftige Angehörige ausfallen, Operationen verschoben werden, spitzt sich für die betroffenen Kinder nochmals zu. „Unsere Familien sind durch den Pflegekräftemangel schon sehr belastet, müssen viele Nachdienste bei ihren beatmeten Kindern selbst leisten, weil das Pflegepersonal fehlt und geraten dadurch immer mehr an ihre Grenzen“, erklärt Andrea Riedmann, Vorstand von Kleine Helden e.V., die sich um Familien mit pflegebedürftigen Kindern kümmern. Der Verein aus München ist Förderpartner der Tribute to Bambi Stiftung. Die Stiftung setzt sich für Kinder in Not in Deutschland ein und hat auch das Ziel, auf Missstände aufmerksam zu machen und weist schon seit längerem auf das Thema Pflegenotstand hin. „Durch die Coronakrise ist es für alle noch schlimmer geworden: Ein Ausfall weiterer Pflegekräfte oder die Ansteckung eines unserer Kinder würde für die Familien eine Katastrophe bedeuten.“
Zu Hause bleiben und soziale Kontakte minimieren
Deswegen ist es so wichtig, dass jeder seinen Beitrag leistet, und der ist ganz einfach: Zu Hause bleiben und soziale Kontakte minimieren. Denn jeder hat jemanden in seinem Bekanntenkreis, der zu jemandem Kontakt hat, der für unser Gesundheitssystem unerlässlich ist. Riedmann hat daher die große Bitte: „Unser dringender Appell an alle Mitmenschen: Bleiben Sie zu Hause, schützen Sie sich, und damit auch unsere besonderen Kinder und deren Familien. Dann können wir alle bald zurück in unseren Alltag.“
Die Welt ist klein geworden, eng verzahnt, und um auch jedes kleine, schwache Glied in der Kette zu schützen, ist es notwendig, solidarisch zu sein.